Freiheit ist keine Selbstverständlichkeit
Für Leslie Mandoki war es der Abschluss einer persönlichen Trilogie zum Thema „Freiheit“. Nach seinem ersten Buchprojekt „Sehnsucht nach Freiheit“ und der im vergangenen Jahr im TV ausgestrahlten gleichnamigen Arthaus-Doku spielte er nun mit seinen Man Doki Soulmates drei exklusive Konzerte in Paris, London und zuletzt in Berlin vor einem restlos begeisterten Publikum. Die Konzerte unter dem Motto „Wings of Freedom - a story of Mother Europe“ waren geballte Musikkunst vom Feinsten mit Standing Ovations in allen drei Städten. Die Soulmates, eine Band der Superlative, deren Protagonisten es gemeinsam auf 35 Grammys und unzählige Goldene und Platin Auszeichnungen bringen, sind eine Band der Bandleader und ein Who is Who des Jazz- und Rockuniversums versammelt um Leslie Mandoki.
Der Konzert-Titel „Wings of Freedom“ steht nicht nur für grenzenlose Musikalität der Protagonisten, sondern diese „künstlerische Wertegemeinschaft“, wie Mandoki seine Soulmates nennt, steht für gesellschaftspolitisch relevante Musik und formuliert auch entsprechende Botschaften.
„Die Faulheit des Denkens blockiert die Erkenntnis“ sagt Mandoki. „Gerade in Zeiten von Echokammern, Filterblasen und alternativen Fakten fühlen wir renitenten musikalischen Rebellen und idealistischen Freidenker uns wieder in der Pflicht. Dabei reklamieren wir nicht die allein objektive Wahrheit für uns, sondern versuchen einfach authentisch und ehrlich zu sein. Wir treten ein für gemeinsame europäische Werte. Für freie Menschen in einem freien Europa. Ein buntes, tolerantes und freiheitsliebendes Europa, das nach der Öffnung des Eisernen Vorhangs zusammenwachsen konnte.“
Mandoki, der als kleiner 3-jähriger Junge in Budapest auf den Schultern seines Vaters den Anfang des Studentenaufstandes von 1956 gegen die kommunistische Diktatur erlebte, kennt beide Seiten des Eisernen Vorhangs und sagt heute „Als Deutscher bin ich dankbar und glücklich für den historischen Moment, als die Berliner Mauer auf friedliche Art fiel. Und als gebürtiger Budapester freue ich mich, dass es ausgerechnet die Ungarn waren, die damals ihre Grenzen öffneten und damit den Eisernen Vorhang zum Einsturz brachten. Daher ist es mir ein Bedürfnis, in Europa Brücken zu bauen, wo auch immer Risse auftreten.“ Dass Mandokis Botschaft in vielen Herzen brennt, zeigt sich beispielsweise auch in den aktuellen Demonstrationen von „Pulse of Europe“.
Als illegaler Einwanderer und Asylsuchender war Mandoki ohne ein Wort Deutsch zu sprechen im August 1975 nach Deutschland geflüchtet. Zwei Musiker spielten in dieser Anfangszeit für Mandoki eine wichtige Rolle.
„Das erste Konzert, das ich besuchte, war Udo Lindenberg“ erinnert sich Mandoki. „Ich verstand zwar kein Wort, aber ich war als Musiker überwältigt von der geradezu spürbaren Botschaft und Musikalität, von dem künstlerischen Impact.
Mir war klar, Goethes und Schillers wunderbare Sprache eignet sich für Rock. Ich muss sie nur lernen.
Rückblickend weiß ich heute als stolzer Bürger von Udo´s bunter Republik, dass Udo genau das vertrat, was wir auch als rebellische studentische Opposition gegen die Diktatur vertraten. Wir kämpften auch für eine tolerante, bunte und freiheitshungrige Gesellschaft.“ Und er ergänzt „Richtig schön, wenn man eine Wertegemeinschaft in musikalischem, künstlerischem und in gesellschaftlichem Sinne bilden kann.
Rockmusik hat erst dann seine wirkliche Berechtigung, wenn sie eine gesellschaftspolitische Botschaft hat und wenn sie für eine bessere, aus unserer Sicht auf alle Fälle eine tolerantere Welt eintritt.“
Die zweite prägende Begegnung war Klaus Doldinger. Ihn hatte Mandoki vor seiner Flucht bei einem Jazzfestival im heute slowenischen Bled kennengelernt. Aus einer Telefonzelle heraus habe er ihn nach seiner Flucht angerufen und um Hilfe gebeten. Bei der Anmoderation für Klaus Doldinger im Berliner Konzerthaus schwärmte Mandoki vor allem über dessen menschliche Haltung: „Damals gab es solche Terminologien wie Willkommenskultur oder Integrationsbeauftragte nicht. Wir waren ein paar junge Burschen, die Bach und Beethovens und Schiller und Goethes Land für sich entdecken wollten. Und es gab einen genialen menschlichen Zug eines Musikers, der jetzt 40 Jahre später zum ersten Mal mit uns auf der Bühne ist, der sich damals in ein Auto gesetzt hat und zweieinhalb Stunden später in dieser Kneipe war, wo wir auf ihn gewartet haben und auf vier DIN-A4 Blättern uns alles aufgeschrieben hat, was damals die Szene in München angetrieben hat. Damals waren ja die Stones, Deep Purple, Elton John und David Bowie alle in der Stadt. Und durch ihn durften wir an die Studio-Türen klopfen und wurden auch reingelassen.“ Jetzt bei den Konzerten in Paris, London und Berlin freute sich Klaus Doldinger „dass wir heute Abend in so einer wunderbaren Besetzung mit den vielen tollen Kollegen musizieren können. Das hätte ich mir damals nicht vorstellen können.“
Die Soulmates die im Londoner Hammersmith Apollo, im Pariser Olympia und im Konzerthaus in Berlin gemeinsam mit Leslie Mandoki auf der Bühne standen sind allesamt Legenden: Chris Thompson (Manfred Mann´s Earth Band), Bobby Kimball (Toto), Nick van Eede (Cutting Crew), Al di Meola, Ian Anderson (Jethro Tull), Tony Carey (Rainbow), Randy Brecker, Bill Evans (Miles Davis Band), David Clayton-Thomas (Blood Sweat & Tears), John Helliwell (Supertramp), Till Brönner, Klaus Doldinger und als jüngster „Soulmate“ Cory Henry (Snarky Puppy).
Die Konzerte sind geprägt vom Zusammenspiel aller Soulmates Künstler als eine Weltstar-Band, bei der jeder Einzelne sein Ego hinten anstellt! Dabei sind eigene Soulmates-Songs und kollektive Improvisationskunst auf höchstem Niveau ebenso Teil des Konzerterlebnisses, wie die Mega-Hits der Soulmates-Mitglieder. „One stage – one Band! “
Es sind großartige Musik-Momente, wenn sich Startrompeter Till Brönner mit seinem großen Vorbild, dem legendären und weltbestem Trompeter Randy Brecker duelliert, oder Improvisationsgenie Bill Evans mit seinem Sopransaxophon und John Helliwell (Supertramp) mit der Klarinette ihre Klangbilder malen. Jazz-Gitarrenikone Al di Meola setzt zudem weitere Glanzpunkte. Generationen von Großmeistern stehen gemeinsam auf einer Bühne und bilden vom 80-jährigen deutschen Jazz-Papst Klaus Doldinger bis hin zum jüngsten Soulmates Mitglied und dreifachen Grammy-Gewinner Cory Henry, der in Paris mit den Soulmates seinen 30. Geburtstag feierte, eine Generationsbrücke.
Letzterer riss das Publikum mit seinem Solo regelrecht von den Sitzen. Er pulverisierte Klischee-Grenzen zwischen klassischer Klavier- und Orgelkunst durch gleichermaßen virtuoses, grenzüberschreitendes Kreativspiel. Einfach atemberaubend. Und er selbst zeigte sich begeistert von den Soulmates: „Ich bin sehr geehrt, Teil dieser legendären Besetzung zu sein. Für mich als der Jüngste in Leslie's legendärer Band, war eine große musikalische Bereicherung mit dieser Weltauswahl unter seiner Leitung zu spielen.“
Till Brönner beschreibt es so: „Wo gibt es schon eine Band, in der Sie den Saxophonisten fragen können, wie es ist, mit Miles Davis gespielt zu haben. Randy Brecker. Das war mal mein „Lehrer“. Und Cory Henry hat ein paar Grammys mit nach Hause genommen.“
In London begeisterte auch Soulmates-Gründungsmitglied Ian Anderson, seines Zeichens Mastermind der Kultband Jethro Tull mit seinem unverwechselbaren Flötenspiel. In einem langen Solo gemeinsam mit Leslie Mandoki ließen beide mit ihrem Song „Back To Budapest“ noch einmal die Momente des ersten gemeinsamen Konzertes vor über 25 Jahren aufleben.
Seine Soulmates aus Amerika und England vergleichen Mandokis Fähigkeiten, diese außergewöhnliche Band der Bandleader zu leiten, hin und wieder mit Quincy Jones und Duke Ellington. Nun erhielt er nach dem Konzert in Berlin auch von seinen Deutschen Mitstreitern Till Brönner und Klaus Doldinger höchstes Lob für die musikalische Führung.
Die Soulmates stehen mit ihrer Musik nicht nur für Virtuosität, sondern vor allem für handgemachte Musikkunst, oder wie Leslie Mandoki es beschreibt: „Auch in Zeiten von Twitter, social media und Kurznachrichten auf dem Smartphone ist Musik für uns immer noch wie ein mit Tinte auf Papier handgeschriebener Liebesbrief.“
Abgerundet wurden die Konzerte auch durch bemerkenswerte Bildprojektionen. Sie alle thematisierten die Botschaft, die Mandoki auch in seinen Ansagen ausspricht: Wings of Freedom.
“Für Freiheit in einem friedlichen Europa mit gemeinsamen Werten wie Freiheit der Meinung, der Presse, der Religion. Keine Toleranz gegenüber Intoleranz.“ Und Mandoki weiter: „Wir müssen nach Wegen suchen, wie wir unseren nachfolgenden Generationen eine bessere Welt hinterlassen können“. Und er weiss wovon er spricht, wenn er mahnt: “Freiheit ist keine Selbstverständlichkeit.“
16-05-2017